Was uns S21 über das Demokratieverständnis lehren kann

Dez
1

Juhu, endlich gibt es bürgerkriegsähnliche Zustände auch hier in Deutschland. Wir müssen nicht mehr neidisch nach Frankreich schielen, wenn es darum geht, dass der Bürger gegen die Obrigkeit aufbegehrt und mal hier alles selber in die Hand nimmt!

Endlich haben wir unseren eigenen Konflikt, wir haben S21! Was war das für ein Fest für die Boulevardpresse, als ein unbescholtener Bürger in den Wasserwerfer geriet und sein Augenlicht verlor (oder zumindest die Gefahr bestand…weiß eigentlich jemand, wie es dem alten Herren inzwischen geht?)

Nun ja, anderen Berichten zufolge kam der gute Mann wohl doch nicht ganz so unschuldig zwischen die Fronten, aber das ist alles bestimmt nur Propaganda unseres Staates.

Von der Aushöhlung der Demokratie ist die Rede, dass Bürgerrechte offen mit Füßen getreten werden und die politischen Herrscher einfach nur ihren Kopf durchsetzen wollen.

Und genau hier fängt mein Problem an!

Ich bin nicht wirklich im Thema S21 drin, ich bekomme halt mit, worum es geht und wie die Fronten ihre Argumente austauschen, bzw. das, was sie Argumente nennen.

Nun geht es bei S21 aber nicht um eine Nacht und Nebelaktion, bei der auf Gutherrenart etwas durchgedrückt wurde und nun alle vor vollendeten Tatsachen stehen. Wir reden hier von einem Vorgang, der sich über ca. 10 Jahre hingezogen hat und alle Instanzen durchlaufen hat, die unser Staat für ein solches Projekt vorsieht. Das sind ja bei Gott nicht wenige, wer schon mal versucht hat, sein Haus um eine freistehende Garage zu erweitern, weiß ja, was ihn da so erwartet.

Ich verstehe Demokratie aber nicht nur, dass man nur die Vorteile genießen darf (Rede- und Meinungsfreiheit plus diverse andere Sachen, die beileibe nicht überall auf der Welt selbstverständlich sind), sondern auch mal akzeptieren muss, das es auch mal sein kann, das andere sich durchsetzen, eben weil es demokratisch, d.h. mehrheitsfähig, so entschieden wurde. Demokratie bedeutet (für mich) nicht, solange gegen etwas protestieren, bis ich meinen Willen bekomme. Denn irgendwann muss ja mal Schluss sein, oder?

Ich möchte nicht wissen, was für ein Aufschrei es geben würde, wenn das Projekt S21 in der Planungsphase gekippt worden wäre und nun die Leute auf die Straße gehen würden, um es eben doch noch durchzuboxen. Meine Fresse, da wäre Polen aber offen und allerorts würde es heißen, dass man seine großkapitalistischen Anwandlungen nun versucht, mit Gewalt durchzusetzen. Das wäre ja mal ein Spaß.

Wie gesagt, ich bin nicht tief genug im Thema drin, um was zur Sache beizutragen, aber es wäre auch zu spät dazu, da die Entscheidungen diesbezüglich bereits auf regulärem Wege getroffen worden sind. Auch ist es natürlich große Scheiße, wie das Ganze eskaliert ist, aber das ändert nichts daran, das ich die Proteste an sich, in dieser nun stattfindenden Form, nicht als demokratische Ausdrucksform sehe, sondern als den Versuch, doch noch seine Meinung durchzusetzen. In dem Zusammenhang ist die Hoffnung, einen Kompromiss zu finden, eh Augenwischerei. Den Kompromiss bedeutet, dass beide Seiten aufeinander zugehen und eine gemeinsame Lösung finden. Hier jedoch ist es so, das es keinen Kompromiss geben kann, denn nur ein bisschen unterirdischer Bahnhof geht ja wohl nicht, oder?

 

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