Das Märchen von der mildtätigen Kirche…

Apr
29

Immer wieder, wenn man die Kirche kritisiert, kommt garantiert jemand um die Ecke geschossen und erwähnt, dass die Kirchen (damit sind sowohl die römisch-katholische, als auch die diversen evangelischen Kirchen gemeint) doch soviel Gutes tun und das die Kirchen doch so viele soziale Projekte finanzieren, das man nicht immer alles kaputt reden soll und das Atheisten sowieso die schlimmeren Christen sind, wie die ja gegen Alles und Jeden sind und deren einziger Lebenszweck darin besteht, anderen ihren Glauben madig zu machen.
Zuerst einmal möchte ich klar stellen, dass ich überhaupt KEIN Problem damit habe, wenn Menschen einen Glauben haben, im Gegenteil, dies ist eine dermaßen persönliche Sache. Es ist mir sogar wichtig ist, dass jeder Mensch das glauben darf, was er mag, denn dies ist ein Ausdruck seiner Individualität.
Mein Problem besteht vielmehr im Verhalten der Kirchen und ihrer Würdenträger, die sich -in meinen Augen absolut unverschämte- Dinge leisten, die echt auf keine Kuhhaut gehen. Aber so was wird ja von der glaubenden Fraktion gerne unter den Teppich gekehrt. Das ist ja alles nur atheistische Propaganda und außerdem würde das soziale System komplett den Bach runter gehen, wenn die Kirchen nicht soviel Geld in die sozialen Aufgaben pumpen würden. Was würde man nur ohne die ganzen konfessionellen Kindergärten, Krankenhäusern und Beratungsstellen machen?
Nur ist es leider so, dass die Kirchen eben NICHT diese sozialen Dienste allein finanzieren. Ja noch nicht mal zum großen Teil oder auch nur zu einem beachtlichen Teil. In Wahrheit nennen sich all diese Einrichtungen zwar „katholischer Kindergarten“ oder „evangelisches Krankenhaus“ (oder eine andere Kombination aus Konzession und sozialer Einrichtung), bezahlt aber werden diese in der Hauptsache (und wir reden hier von 75-85%) vom Staat und von den Bürgern.
Dennoch werten die Kirchen ihre Einrichtungen als Tendenzbetriebe und nehmen sich so Rechte gegenüber ihren Arbeitnehmern heraus, die echt nicht mehr feierlich sind. Religionsfreiheit? Pffff! Streikrecht? Nie im Leben!
Was bedeutet das nun für jeden Einzelnen von uns? Wir ALLE bezahlen für diese gigantische Werbemaschinerie der großen Kirchen, denn die staatlichen Zuschüsse (wobei, wie erwähnt, Zuschüsse hier der falsche Begriff ist, es ist der Löwenanteil) werden logischerweise aus steuerlichen Mitteln getragen, also aus einem Geldtopf, in den wir ALLE einzahlen.
Nun ist es ein Merkmal des Sozialstaates, dass alle sich an den Kosten beteiligen, auch wenn sie nicht direkt an dem Nutzen partizipieren. Das ist auch richtig und gut so, aber warum, Herrgottsakra noch mal, dürfen sich die Kirchen hier mit fremden Federn schmücken, ja sogar damit hausieren gehen?
Lassen wir es uns auf der Zunge zergehen: JEDER von uns, egal ob Kirchenmitglied oder nicht, zahlt dafür, das die Kirchen sich damit brüsten können, soziale Dienste anzubieten.
Damit aber nicht genug. Nehmen wir als Beispiel noch das Konkordat, zu welchem sich der Freistaat Bayern 1803 verpflichtet hat. Seit über 200 Jahren zahlt Bayern den Kirchen „Ausgleichszahlungen“ dafür, dass die Reichskirche damals zusammengebrochen ist. Es ist quasi eine Wiedergutmachung verloren gegangener Werte, die in Staatsbesitz übergingen. Das waren 2010 dann mal eben 115 Millionen Euro. Knappe 30 Millionen für den Erhalt kirchlicher Gebäude, über 60 Millionen an die katholische und über 20 Millionen an die evangelische Kirche. NUR IN BAYERN! Die Kirchenfürsten dürften sich heute noch täglich 666 mal ins Fäustchen lachen, anbetracht der Tatsache, wie viel sie für ihre Verluste bisher erhalten haben. Das Geld wird übrigens unter anderem dafür aufgewendet Gehälter für die katholischen Bischöfe, Kapitulare und Generalvikare in den Diözesen, die Gehälter des evangelischen Landesbischofs und des Landeskirchenrats sowie Zuschüsse für die Besoldung der Seelsorgegeistlichen zu zahlen. Mann sollte ja meinen, das ein Arbeitgeber seine Angestellten bezahlt, aber nein, hier macht das der deutsche, bzw. in diesem speziellen Falle der bayrische Steuerzahler.
Ist doch toll, oder? Da meint man, das man, wenn man aus der Kirche ausgetreten ist, hat man mit dem Verein und vor allem seiner Finanzierung nichts mehr zu tun, durch die Hintertür jedoch bezahlt man noch und nöcher für etwas, dass man in keinster Weise zu unterstützen mag. In Anbetracht klammer Staatsfinanzen, dem Mitgliederschwund der meisten Kirchen und dem immer noch unbestreitbar vorhandenem Reichtum eben jener muss die Frage erlaubt sein, ob all dies noch zeitgemäß ist.
Glauben ist Privatsache, Kirche ebenso, aber dürfen die Kosten dafür der Allgemeinheit aufgehalst werden?

 

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